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Liberalisierung für den Fernbusverkehr - Teil 1

Der Fernbus macht der Bahn Konkurrenz

Eins vorweg: Der Fernbusverkehr ist in Europa weder neu noch exotisch, auch wenn es die mediale Veröffentlichungswelle suggeriert. Mit Eurolines besteht seit langem ein europaweites Fernbusliniennetz, das Sizilien mit Schottland, Litauen mit Portugal verbindet. 32 Busunternehmen betreiben dieses Netz als Zusammenschluss. In Deutschland ist dafür die Deutsche Touring GmbH zuständig – ursprünglich eine Tochter der Deutschen Bahn AG.

Was nun als Neues hinzukommt, betrifft den innerdeutschen Busverkehr. Denn bisher durfte der Fernbus in Deutschland nur mit besonderer Genehmigung auf Strecken über 50 Kilometer und einer Stunde Fahrtzeit Fahrgäste befördern. Das wird sich nach einem kürzlich erfolgten Gesetzesbeschluss ab dem 1. Januar 2013 ändern; die Zustimmung des Bundesrates im November gilt als gewiss. Damit ist jenes Monopol gekippt, das die Deutsche Bahn (DB) noch aus Zeiten des „Dritten Reiches“ besaß. Nur von Berlin als Startpunkt ausgehend gab es bisher einige Strecken, was ein Relikt aus der deutschen Teilung ist. Weiterhin genehmigungspflichtig sollen vorerst Strecken unter 50 Kilometern bleiben – eine Maßnahme, um den kommunalen öffentlichen Personennahverkehr zu schützen. Und bis 2019 müssen alle eingesetzten Fahrzeuge barrierefrei sein.

Woher resultierte das Monopol? Erwuchs der Reichsbahn aus dem Straßenverkehr zunächst keine Konkurrenz, so führte die Weltwirtschaftskrise von 1929 dann doch zu Rivalitäten zwischen der Reichsbahn und den privaten Fuhrunternehmen. Die Transportleistung der Bahn nahm um 40 Prozent ab, während zeitgleich jene der Lkw um 35 Prozent wuchs. Die Reichsbahn konnte das nicht unbeantwortet lassen, zumal sie eigene Reparationsleistungen aus dem ersten Weltkrieg abzuzahlen hatte. Das führte in Absprache mit dem Reichsverkehrsministerium zu eben jener Monopolregel, die in Kürze abgeschafft wird.

„Durch das Gesetz entstehen für die Wirtschaft, insbesondere für mittelständische Unternehmen, keine direkten Kosten“, heißt es im Gesetzentwurf . „Die Liberalisierung des Fernbuslinienverkehrs wird zum Wettbewerb beim nationalen Angebot von Fernreisen mit entsprechend günstigen Auswirkungen auf die Preisgestaltung beitragen.“ Eine Einschätzung verwirrt allerdings: „Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau und das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.“ Denn nicht nur dem gesundem Menschenverstand nach wird ein Konkurrenzkampf zu Veränderungen in der Preislandschaft führen. Das sieht man doch allein bei den DB-Konkurrenten auf der Schiene wie den Angeboten Interconnex (Leipzig-Warnemünde) und dem Hamburg-Köln-Express, die deutlich günstigere Ticketpreise anbieten.

Heute schon sehr erfolgreich ist das StartUp MeinFernbus.de, dass insbesondere in Süddeutschland erste Strecken bedient. Weitere Unternehmen werden im kommenden Jahr folgen. Laut Spiegel online haben sechs Anbieter „konkrete Pläne, ab April Buslinien zwischen Städten einzurichten: Neben der Bahn-Tochter Berlin-Linien-Bus (BLB), dem Start-Up DeinBus.de und zwei weiteren deutschen Anbietern planen auch die Verkehrskonzerne Veolia aus Frankreich und National Express aus England einen Einstieg in den deutschen Markt.“ Das Magazin rechnet vor, dass derzeit eine normale Fahrt im IC von Hamburg nach Berlin bei der DB mit 59 Euro zu Buche schlägt, während ihre Bustochter 27 Euro verlangt. Die Fahrt von Freiburg nach Heidelberg koste mit der DB 21 Euro, DeinBus.de verlange 9 Euro. Allerdings werden diese Preise nicht auf Dauer so niedrig bleiben. So habe die TU Dresden analysiert, dass man pro Busfahrt zwischen 60 bis 70 Prozent des Bahnpreises veranschlagen müssen, damit das profitabel wird.Bus_Fern

Für Verbraucher ist das neue Gesetz zunächst eine gute Nachricht, bedeutet die Flexibilisierung von Preis- wie Streckenangeboten doch ein Mehr an Auswahl, nimmt man die meist längeren Fahrtzeiten (Hamburg-Berlin: rund eine Stunde Mehrzeit) in Kauf. Ob nun allerdings auch großflächig Nischen mit dem Fernbusverkehr geschlossen werden, bleibt abzuwarten. Denn die Privatwirtschaft wird sich natürlich auf jene Strecken konzentrieren, die lukrativ erscheinen. Wahrscheinlich werden bisher auch von der Bahn abgehängte oder selten bediente Regionen werden auch künftig schwerer zu erreichen bleiben und wenig bis gar keinen Nutzen aus der Fernbusliberalisierung ziehen können. Es sei denn, Busunternhemen  schaffen es, hier Geschäftsmodelle zu entwickeln  Zu erwarten ist also auf Hauptverkehrsstrecken eine harte Konkurrenz, von der Reisende profitieren können. Diese könnte allerdings auch, so erklärte DB-Vorstand Ulrich Homburg in der Financial Times Deutschland, im ungünstigen Fall zu Schließungen auf den ICE-Strecken führen.

Zu betrachten bleibt natürlich noch der nicht zu unterschätzende Aspekt der Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Hier scheint die Bahn auf den ersten Blick deutlich zu punkten, allerdings reklamieren die Busunternehmen Umweltfreundlichkeit auch für sich, was auch in der Bundestagsentscheidung eine Rolle spielte. Offensichtlich ist immerhin, dass der Bus umweltfreundlicher ist als der Individualverkehr mit dem Privat-Pkw.

Ob der Bus also die Bahn in punkto Umwelt übertrumpft, wird in einem zweiten Teil zu erfahren sein.

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