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Kooperation statt Konkurenzdenken

Carsharing als Ergänzung

Eigentlich steht ja das Auto in Konkurrenz zu Bussen und Bahnen. Mehrere Verkehrsbetriebe haben jedoch erkannt, dass ein optimales Verkehrskonzept erst dann funktioniert, wenn die Menschen die Freiheit haben, für jede Situation das am Besten geeignete Verkehrsmittel zu wählen. Das Ergebnis sind Kooperationen mit den örtlichen Carsharing-Anbietern.

Besonders in den Ballungsgebieten hat sich Carsharing zu einer ernst zu nehmenden Mobilitätsalternative entwickelt. Laut einer Erhebung des Bundesverbandes Carsharing (BCS) gab es Anfang 2012 in 309 Städten Deutschlands entsprechende Angebote. Dahinter steckt eine Flotte von 5 600 Fahrzeugen, die von insgesamt 220 000 Kunden genutzt werden. Dazu kommen die Angebote der Automobilindustrie mit weiteren 1 500 Fahrzeugen und einer Basis von 42 000 registrierten Kunden.

Die Kombination Carsharing und öffentlicher Personennahverkehr hat für alle Beteiligten Vorteile. Die Verkehrsbetriebe erschließen damit eine neue Zielgruppe, die bisher nicht bereit war, zusätzlich zu den Kosten für das eigene Auto ein Monatsabo abzuschließen. Die Carsharing-Anbieter gewinnen Autofahrer, die tagtäglich mit der Bahn zur Arbeit fahren und eigentlich nur selten das eigene Auto nutzen. Die Kunden sparen Geld und erhalten ihre Mobilität, ohne auf die Flexibilität eines Autos verzichten zu müssen.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass man fast immer fündig wird, wenn man auf den Websites der Verkehrsverbünde das Stichwort „Carsharing“ eingibt. Bei den großen Verkehrsverbünden, wie HVV (Hamburg), VRR (Rhein-Ruhr), KVV (Köln), RMV (Rhein-Main), VBB (Berlin-Brandeburg) oder MVV (München) gehört die Kooperation mit einem oder mehreren Carsharing-Anbietern mittlerweile zum Standard.

Aber auch Verkehrsverbünde abseits der Ballungszentren haben das sich langsam verändernde Mobilitätsverhalten erkannt und binden entsprechende Angebote in ihre Tarife ein. So arbeitet zum Beispiel der Nahverkehrsverbund Alb-Donau (naldo) mit dem regionalen Carsharing-Anbieter teilAuto zusammen. Ähnlich geht der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) vor, der in der Szene als vorbildlich gilt und schon vor Jahren die nahtlose Vernetzung mit der Bahn und den Verkehrsverbünden der Nachbarregionen realisierte.

Im Mittelpunkt der Kooperationen stehen meist vergünstigte Carsharing-Angebote für die Nutzer von Monatsabos. Das reicht vom Schnupperangebot für den Einstieg ins Carsharing bis zu reduzierten Grundgebühren und den Wegfall der Kaution.

Die Carsharing-Anbieter wiederum kommen diesen Bestrebungen entgegen, indem sie Übergabestationen bevorzugt in der Nähe von U- und S-Bahn-Stationen einrichten. Sie wissen, dass Carsharing am besten in der engen Vernetzung mit anderen Verkehrsmitteln funktioniert. Und sie setzen gezielt auf junge Leute, für die im Gegensatz zur Nachkriegsgeneration das Auto nicht mehr als Statussymbol gilt, sondern lediglich als eines von mehreren Verkehrsmitteln.

Doch auch die Politik ist gefordert. Der Bundesverband CarSharing bemängelt zum Beispiel, dass es für Carsharing-Anbieter in Großstädten und anderen Ballungsgebieten immer schwieriger wird, an verkehrsgünstigen Orten private Flächen für weitere Übergabestationen zu finden. An einem Beispiel in Frankfurt wird demonstriert, dass die dortigen Anbieter nahezu doppelt so viele Kunden für Carsharing gewinnen könnten, wenn es mehr Stationen gäbe. Die Lösung wären reservierte Parkflächen im öffentlichen Raum. Doch genau dazu sehen sich die Gemeinden momentan nicht in der Lage, weil die gesetzlichen Grundlagen fehlen.

Nach Einschätzung der Branche kann ein Carsharing-Fahrzeug bis zu 20 private Fahrzeuge ersetzen. Dazu kommt die verstärkte Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs, was wiederum dessen wirtschaftliche Grundlage stärkt. Was könnte eine bessere Grundlage sein, um den chronischen Verkehrsproblemen der Städte entgegenzuwirken und gleichzeitig die Umwelt und Lebensqualität zu verbessern?

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Ein Kommentar »

  1. 28. Mai 2013 06:56 Count_Electric

    Sehr treffende Sitationsbeschreibung. Spannend wird zukünftig auch ‚corporate CarSharing'(z.B. http://www.fleetster.de), wo das klassische Poolfahrzeug ins 21. Jahrhundert befördert wird. Letztlich brauchen wir die Mobilitätswende – mehr Mobilität mit möglichst wenigen effizienten Autos.

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