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Mobilität deutschlandweit

stadtmobil: Claudia Braun im Gespräch

Claudia Braun ist Vorstand der Stadtmobil Rhein-Neckar AG. Sie hat 1992 das Projekt mit begründet. Im Interview äußert sie sich zur Entwicklung des eigenen Unternehmens, gibt aber auch einen Ausblick auf die Zukunft der Branche.

Welche Beweggründe führten dazu, dass stadtmobil in den Markt für CarSharing „eingestiegen“ ist? Wie und wann wurde diese Idee geboren?

Claudia Braun: stadtmobil Rhein-Neckar ist eigentlich nicht „in den Markt eingestiegen“ – zwanzig Aktive, zu denen auch ich gehöre, haben 1992 das erste CarSharing-Angebot in der Rhein-Neckar-Region ins Leben gerufen. Das war lange, bevor die Idee sich verbreitet hat und lange bevor es wirklich einen „Markt“ gab. Wir waren Idealisten, die fanden, dass nicht jeder ein eigenes Auto haben muss, das 23 Stunden am Tag herumsteht, sondern dass man Ressourcen schonen kann, indem man zur Verfügung stehende Autos teilt.

Stadtmobil

Wie beschreiben Sie Ihre Unternehmensphilosophie?

Claudia Braun: Wir machen CarSharing, weil wir wollen, dass unsere Städte wieder mehr den Menschen gehören. Ein CarSharing-Auto kann sieben bis zehn private Autos ersetzen – stellen Sie sich nur mal vor, was da an Freiflächen entsteht! Und ein ungenutzt herumstehendes Privatauto ist eine der größten wirtschaftlichen Verschwendungen, nicht nur in Bezug auf Ressourcen, sondern auch auf den privaten Geldbeutel.

Bitte erläutern Sie uns kurz das System mit den unterschiedlichen Regionalgesellschaften. Welche Auswirkungen hat das für den Kunden? Und ist es nicht sehr kompliziert?

Claudia Braun: Unsere Überzeugung ist, dass man, um gutes CarSharing anbieten zu können, die Region sehr genau kennen muss. Deshalb liegt bei stadtmobil die Verantwortung bei einem eigenständigen Unternehmen vor Ort. Die stadtmobil-Kunden können bei allen anderen stadtmobil-Unternehmen Autos nutzen, darüber hinaus auch bei Cambio und anderen Partnern. Einfacher geht es nicht.

Wie sehen Sie Ihren Beitrag zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit?

Claudia Braun: Eigentlich sind es unsere Kunden, die es zu einem nachhaltigen Angebot machen. Wenn das eigene Auto nicht mehr vor der Tür steht, die hohen Fixkosten nicht sowieso bezahlt sind, wird eben nicht jeder Weg mit dem Auto gemacht. Fahrrad, ÖPNV und ab und zu das Auto, das ist der Mobilitätsmix, für den unsere Kunden stehen. Sich nachhaltig zu verhalten ist gar nicht so schwer.

Warum ist CarSharing Ihrer Meinung nach nicht nur ein temporäres Phänomen?

Claudia Braun: Ein temporäres Phänomen, das seit 20 Jahren wächst? Im Ernst: Die Angebote werden immer besser und dichter, die Vernetzung mit anderen Verkehrsmitteln wächst – insgesamt wird es immer attraktiver, aufs eigene Auto zu verzichten. Der Trend bei Jüngeren geht weg vom Auto als Statussymbol, Mobilität wird zunehmend Mittel zum Zweck – all das begünstigt, dass CarSharing sich weiter durchsetzt.

Worin unterscheiden Sie sich von anderen Anbietern?

Claudia Braun: Das oben angesprochene regionale Konzept unterscheidet uns von den anderen Anbietern; unter den klassischen CarSharing-Anbietern sind wir mit Sicherheit einer der professionellsten.

Wie viele Fahrzeuge hat Ihre Flotte und wonach wählen Sie die Fahrzeugmodelle aus?

Claudia Braun: Derzeit hat stadtmobil Rhein-Neckar 300 Fahrzeuge im Einsatz, bundesweit sind es in der stadtmobil-Gruppe mehr als 1.800. Die Modelle müssen emissionsarm sein, außerdem testen wir sie auf Bedienfreundlichkeit.

Wo kann man Ihren Service nutzen? Ist ein bundesweites Angebot geplant? Und wenn nicht, was spricht gegen den bundesweiten Rollout?

Claudia Braun: Unser CarSharing-Angebot kann man schon heute bundesweit nutzen. Mit stadtmobil und den stadtmobil-Partnern decken wir den westdeutschen Bereich und Berlin ziemlich flächendeckend ab.

Müssen Ihre Fahrzeuge an Stationen abgeholt/zurückgebracht werden?

Claudia Braun: Bei den stadtmobil-Organisationen ist das so, ja. Das hat aber auch Vorteile: Zum Beispiel hat man immer einen reservierten Parkplatz, auch und gerade in der Innenstadt und dort, wo der Parkdruck hoch ist.

Und wenn ja, ist das nicht sehr unbequem und was spricht gegen das „stationslose“ Modell?

Claudia Braun: Wie gesagt: Bequem daran ist, dass Sie sich darauf verlassen können, dass Ihr reserviertes Auto für Sie parat steht und Sie immer einen reservierten Parkplatz haben, wenn Sie zurückkommen. Gegen ein free-floating-System spricht im Prinzip auch nichts. Das klassische CarSharing geht eben von dem Gedanken aus, dass Menschen Verlässlichkeit wollen und es entsprechend schätzen, dass ein Auto reserviert werden kann, dann zuverlässig zur Verfügung steht und es bei der Rückkehr einen Parkplatz dafür gibt. free-floating ist ein anderes Konzept, aber nicht zwangsläufig schlechter – vor allem wenn man es mit dem klassischen Angebot kombinieren kann.

Wohin wird sich CarSharing Ihrer Meinung nach entwickeln und wie sehen Sie die weitere Vernetzung unterschiedlicher Verkehrsträger?

Claudia Braun: Die Systeme werden noch flexibler und vielseitiger werden und klassische Anbieter werden verstärkt auch free-floating-Systeme anbieten. Der große Schritt wird im Zusammenspiel mit anderem Verkehrsanbietern kommen – eine Zukunftsvision wäre zum Beispiel eine „Mobilkarte“, mit der Sie Busse, Bahnen, Züge, Leihfahrräder und CarSharing-Autos immer nach Bedarf nutzen können. Am Ende des Monats kommt dann nur eine Mobilitätsrechnung…

Inwieweit sehen Sie es als Problem, dass auch die großen Automobilkonzerne das Thema für sich entdecken? Ist der Wettbewerb für die klassischen Anbieter zu gewinnen oder „kaufen“ die Großen sich einfach ihren Teil vom Markt?

Claudia Braun: Prinzipiell kommen die Automobilkonzerne naturgemäß mit einem ganz anderen Interesse auf den Markt als wir klassische Anbieter. Neuwagenkäufer werden immer älter, junge Leute in Großstädten legen auf andere Dinge wert, wollen mobil sein, brauchen dafür aber kein eigenes Auto mehr. Aber beide Angebote sind so unterschiedlich, dass sie gut nebeneinander bestehen können. Insgesamt wird man mit einem ausschließlichen free-floating-System keinen Wettbewerb gewinnen, sondern nur ein anderes Segment abdecken.

 

Frau Braun, wir danken Ihnen für das Gespräch!

 

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