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Licht und Schatten

Carsharing – eine kritische Betrachtung

Carsharing ist angesagt und gilt in bestimmten Kreisen als die intelligentere Form, mobil zu sein, ohne jeden Monat hohe Fixkosten für ein eigenes Auto aufwenden zu müssen. Doch wie jedes Mobilitätskonzept hat auch Carsharing seine Licht- und Schattenseiten, die sich erst in der Praxis offenbaren.

Liest man die Prospekte und Websites der Carsharing-Anbieter, ist alles ganz einfach. Man wird Mitglied, hinterlegt eine Kaution und kann fortan jederzeit ohne jegliche Formalitäten auf ein Fahrzeug zugreifen, das gleich um die Ecke nur darauf wartet, gefahren zu werden. Doch ganz so problemlos sieht die Realität leider nicht aus.

Das fängt schon mit der Verfügbarkeit an. Nach Angaben des Bundesverbandes Carsharing (BCS) gibt es in Deutschland 5600 Carsharing-Fahrzeuge, denen eine Nutzerbasis von 220.000 Kunden gegenübersteht (Stand Anfang 2012). Eine Zahl, die bereits auf dem ersten Blick deutlich macht, wo die Grenzen liegen. Carsharing muss sich nämlich auch für den Anbieter lohnen und dem ist es ein Dorn im Auge, wenn allzu viele Fahrzeuge nur bereitstehen und damit kein Geld einfahren. Also wird er versuchen, seinen Fahrzeugbestand so zu dimensionieren, dass möglichst jedes Fahrzeug ständig unterwegs ist.

Zwar kann man jederzeit problemlos ein Fahrzeug reservieren, aber es ist nicht sicher, dass eben dieses Fahrzeug zum gewünschten Zeitpunkt auch zur Verfügung steht. Ganz besonders bei kurzfristigen Entscheidungen kann das zum Problem werden und die Idee Carsharing schnell zum Ärgernis machen. Dann nämlich, wenn man auf eine andere Übergabestation ausweichen und einen deutlich längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen muss.

Man kann auch Pech haben und ausgerechnet ein Zeitfenster erwischen, in dem alle Fahrzeuge im näheren Umkreis bereits ausgebucht sind. Oder es kann passieren, dass man trotz Buchung vor einem leeren Parkplatz steht, weil der vorherige Mieter den Wagen nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zurückgebracht hat. Ärgerlich kann auch sein, wenn der Transporter für den Transport des Bettgestells von IKEA leider erst in ein paar Tagen wieder zur Verfügung steht, obwohl man jetzt eigentlich Zeit für den Einkauf hätte.

Überhaupt ist das mit dem Reservieren so eine Sache. So manches Fahrzeug wird lange im voraus „auf Verdacht“ reserviert, weil man zum Beispiel vorhat, am Wochenende einen Trip ins Grüne zu machen. Doch dann schlägt das Wetter um, das Freizeitvergnügen fällt ins Wasser und die Reservierung wird in letzter Minute storniert. Schade, denn die nutzlose Reservierung hat vielleicht Andere daran gehindert, auf das Fahrzeug zuzugreifen.

Problematisch ist Carsharing auch, wenn es nur um eine Fahrtstrecke geht. Die meisten Geschäftsmodelle sehen nämlich vor, dass das Fahrzeug an dieselbe Übergabestation zurückgebracht wird, an der es übernommen wurde. Einige Carsharing-Anbieter haben jedoch dieses Problem erkannt und kooperieren mit überregionalen Autovermietungen, über die dann zu Sonderkonditionen auch Einwegmieten möglich sind.

Die wirklich spontane und stundenweise Nutzung eines Carsharing-Fahrzeugs wird ohnehin meist der Ausnahmefall bleiben. Denn erstens sollte dafür die Übergabestation in unmittelbarer Nähe sein und zweitens muss auch kurzfristig ein Fahrzeug zur Verfügung stehen. Ein Grund, weshalb Carsharing eher für Leute ist, die langfristig denken und nur selten von jetzt auf nachher ein Auto brauchen.

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